Michael Ballack: "Deshalb wird Marco auch in Zukunft erfolgreich sein"
Vize-Weltmeister und ehemaliger Leverkusener Michael Ballack im Gespräch
Vor dem Topspiel zwischen den Roten Bullen und Bayer Leverkusen haben wir mit einem Top-Experten gesprochen.
Michael Ballack (47) hat über viele Jahre den deutschen Fußball als Kapitän der Nationalmannschaft und Ausnahmespieler entscheidend mitgeprägt. Dabei hat er auch das Trikot von Bayer 04 Leverkusen (1999 - 2002 und 2010 - 2012) getragen.
Im ausführlichen Interview spricht der gebürtige Sachse, der die Bundesliga und die UEFA Champions League als TV-Experte begleitet, über Marco Rose, RB Leipzig und seine Verbindung zur Stadt Leipzig.
Am Ende verrät uns Michael Ballack seinen besten Mitspieler und gibt einen Tabellentipp zum Meisterrennen in der Bundesliga ab.
Die Entwicklung von RB Leipzig ist außergewöhnlich gut.
Als gebürtiger Sachse: Wie blickst du auf RB Leipzig?
- "Die Entwicklung von RB Leipzig ist außergewöhnlich gut. Der Klub geht einen kontinuierlichen Weg und hat nach dem Bundesliga-Aufstieg 2016 sofort die Qualifikation für die Champions League geschafft. Die Zielsetzung in Leipzig ist hoch, aber das Team hat diese Ziele in den letzten Jahren bestätigt und sich oben in der Tabelle als eines der Top-Teams in der Bundesliga festgesetzt.
Die guten Voraussetzungen, die es am Standort gibt, werden nachhaltig genutzt. Beispielsweise, wenn man auf die gute Transferpolitik blickt. Der Klub hat sich breit aufgestellt und so konnten auch schmerzliche Abgänge, wie zuletzt im Sommer von Dominik Szoboszlai, Josko Gvardiol oder Christopher Nkunku aufgefangen werden.
Alles wirkt gut durchdacht, passender Ersatz wird frühzeitig gesucht und gefunden. Das spricht für ein gutes Scouting. Trotz der Abgänge, die es immer wieder gibt, schafft es RB Leipzig sehr gut, jedes Jahr wieder eine wettbewerbsfähige Mannschaft auf allerhöchstem Niveau an den Start zu bringen.
Es ist sehr schön, Fußball auf höchstem Niveau, hier in Sachsen zu sehen."
2013 hast du in der Red Bull Arena dein Abschiedsspiel gegeben. Welche Erinnerungen hast du an das Spiel?
- "Ich hatte von Beginn an ein gutes Gefühl dabei das Spiel in Leipzig auszutragen. Leipzig ist eine weltoffene Stadt und die Red Bull Arena ein tolles Stadion. Ich war und bin immer gerne in Leipzig. Mir gefällt es hier, die Stadt hat sich in den letzten Jahren großartig entwickelt.
Die Umsetzung dieses Abschiedsspiels war klasse. Die Wertschätzung, die ich dort von den Rängen und allen Beteiligten erhalten habe, hat mich begeistert. Ich erinnere mich gerne daran zurück."
Im Rückblick: Wer war dein bester Mitspieler – und mit welchem Spieler hättest du gerne zusammengespielt?
- "Da gab es den ein oder anderen. In meinem ersten Jahr in Leverkusen habe ich mit Emerson zusammengespielt. Ein brasilianischer Mittelfeldspieler von dem ich sehr viel gelernt habe. Er hatte ein unglaubliches Spielverständnis, ein sehr guter Spieler und Charakter“.
Mit Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo hätte ich sehr gerne zusammengespielt. Beides überragende Fußballer."
Deshalb ist Marco so erfolgreich – und deshalb wird er auch in Zukunft Erfolg haben.
Du hast während deiner aktiven Zeit in der Jugend gegen Marco Rose gespielt, ihr beide seid in der Sachsenauswahl sogar gemeinsam auf dem Platz gestanden. Mittlerweile ist Marco seit vielen Jahren als Cheftrainer unterwegs. Wie bewertest du seinen Werdegang?
- "Marcos Werdegang ist überragend. Er ist als absoluter Arbeiter bekannt. Ihm ist schon als aktiver Spieler nichts zugeflogen, er musste sich alles hart erarbeiten. Diese Mentalität hat er auch in den Trainerjob mitgenommen.
Eine seiner großen Stärken ist sicherlich die Kommunikation. Er ist ein cooler und offener Typ, kommt gut bei den Spielern an. Er geht positiv an die Aufgaben heran und verfügt über die Gabe, andere zu begeistern und mitzureißen.
Er ist prädestiniert für den Trainerjob und bringt das Gesamtpaket für einen erfolgreichen Trainer mit. Auf der einen Seite hat er ein großes Fußballverständnis und ist ein akribischer Arbeiter. Auf der anderen Seite hat er aber auch die nötige Lockerheit, die du heute als Trainer in diesem komplexen Betätigungsfeld und bei all dem Druck benötigst.
Deshalb ist Marco so erfolgreich – und deshalb wird er auch in Zukunft Erfolg haben."
Alexander Zickler ist einer unserer Co-Trainer. Ihr habt beim FC Bayern drei Jahre zusammengespielt. War Zickos Weg als künftiger Trainer für dich damals schon vorherzusehen?
- "Sein Weg war in dieser Form nicht unbedingt vorhersehbar. (lacht) Er war Stürmer, was nicht die strategischste Rolle innerhalb einer Mannschaft ist. Deswegen habe ich das vor über 20 Jahren noch nicht kommen sehen.
Aber er hat sich in den letzten Jahren als Co-Trainer von Marco bewährt. Beide sind eingespielt. Alex ist ein super Typ, der gut im Team ankommen wird und eine gute Unterstützung für Marco ist. Er nimmt dem Trainer einige Aufgaben ab, kümmert sich in Leipzig um die Standards."
Du verfolgst als TV-Experte viele Spiele der Bundesliga hautnah mit. Welche Spieler von RB Leipzig sind dir in dieser Saison besonders ins Auge gesprungen?
- "Mit Lois Openda hat RB Leipzig in der vordersten Reihe einen sehr präsenten Spieler, der es im ersten Halbjahr in Leipzig sehr gut gemacht hat. Er hat gezeigt, dass er Torjäger-Qualitäten mitbringt. Er ist ein sehr beweglicher und schneller Spieler, er sticht heraus.
Ähnlich ist es bei Xavi. Er bringt mit seinen jungen Jahren bereits überragende Qualitäten mit und ist noch längst nicht an seinem Limit angekommen. Er ist auf einem guten Weg – und so wie es aussieht, tut ihm RB Leipzig auch sehr gut."
Lois Openda und Xavi
Dein Tabellentipp: Wo landen RBL und Bayer Leverkusen am Ende der Saison?
- "Mit RB Leipzig ist wie in den letzten Jahren zu rechnen. Sie spielen um einen der Champions League-Plätze und werden es am Ende auch schaffen, unter den Top 4 zu landen. Für ganz oben reicht es in dieser Saison noch nicht. Dafür braucht es noch etwas mehr Erfahrung und den ein oder anderen Unterschiedsspieler mehr.
Von diesen Spielern hat Leverkusen in dieser Saison eine ganze Reihe im Kader. Wenn ich beispielsweise an Florian Wirtz, Victor Boniface oder Granit Xhaka denke. Leverkusen wird bis zum Ende um die Meisterschaft spielen.
Sie haben aktuell auch das nötige Quäntchen Glück auf ihrer Seite. Der Last-Minute-Sieg in Augsburg gibt dir zusätzliches Selbstvertrauen, das bringt dich als Team in einen Flow. Solche Siege der Willenskraft benötigst du als Mannschaft, wenn du bis zum Ende um die Meisterschaft mitspielen möchtest. Ich würde Bayer Leverkusen die Meisterschaft gönnen und hoffe das Beste."