"Die Nähe zu den Menschen war mir mehr wert als Titel" | Georg Teigl im Interview
Unser ehemaliger Außenverteidiger Georg "Schurli" Teigl blickt auf seine Zeit in Leipzig zurück
Schurli, damals bist du im Januar 2014 mit 22 Jahren nach Leipzig gekommen, hast bei uns 58 Spiele bestritten und zwei Aufstiege gefeiert. Welche Erinnerungen verbindest du mit deiner Zeit bei RB Leipzig?
- "Wenn man jetzt sehen könnte, wie sehr ich grinse. Es war vermutlich die aufregendste und schönste Zeit meiner Karriere. Leipzig wurde für mich aufgrund der Menschen und unserer Mannschaft zu einem ganz besonderen Ort.
Wenn ich mich zurückerinnere, wie die Stadt damals unsere Aufstiege gefeiert hat. Das war etwas ganz Besonderes. In dieser Zeit sind viele Freundschaften entstanden, die bis heute andauern.
All die Festlichkeiten, die dreckigen Siege, die Bindung zu den Mitarbeitenden und unsere mannschaftliche Geschlossenheit – da bekomme ich wirklich Gänsehaut. Ich bin bei RB Leipzig zu einem besseren Spieler und vermutlich auch zu einem besseren Menschen geworden."
Einige deiner ehemaligen Kollegen arbeiten heute in anderer Funktion im Klub; mit Yussuf Poulsen ist einer deiner Mitspieler von damals noch immer Teil unseres Teams. Mit wem hast du noch regelmäßig Kontakt?
- "Vor allem stehe ich mit Diego Demme im regelmäßigen Austausch. Wir haben uns damals auf Anhieb verstanden. Er kam zur gleichen Zeit nach Leipzig und wir haben uns direkt angefreundet. Bis heute schätze ich unsere Freundschaft, wenngleich wir uns nicht häufig sehen können.
Witzigerweise habe ich im vergangenen Sommerurlaub Sebastian Heidinger und Tim Sebastian auf Ibiza getroffen. Meine Frau und ich waren am Hafen mit dem Fahrrad unterwegs, und plötzlich standen die beiden vor mir. Da habe ich mich riesig gefreut."
Das hat mir nochmal gezeigt, wofür RB Leipzig steht.
- "Ich habe auch noch mit Nils Quaschner aus der damaligen Mannschaft Kontakt. Zudem traf ich bei der Beerdigung von Tim Lobinger im vergangenen Februar auf viele Weggefährten. Natürlich war der Anlass ein zutiefst trauriger, doch egal ob Spieler oder Mitarbeiter des Vereins, viele waren da und haben Tim in einem würdigen Rahmen verabschiedet.
Das hat mir nochmal gezeigt, wie tief wir miteinander verbunden sind, wofür der Klub RB Leipzig steht. Ich hatte in all den Jahren immer das Gefühl, dass wir nicht nur zum Fußballspielen hier sind, sondern fast schon familiär füreinander da sind."
Die Verbundenheit zu der Stadt, zu den Fans war mir mehr wert als große Titel.
Du hast bei unseren Fans bis heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Was bedeutet dir dieser Stellenwert, den du in Leipzig genießt?
- "Die Fans in Leipzig waren immer sehr wertschätzend und entgegenkommend. Sie lieben einfach den Fußball und die Spieler ihrer Mannschaft. In meiner Zeit habe ich mich immer bemüht, jedem mit Respekt zu begegnen und auf die Menschen zuzugehen. Egal, ob man miteinander gesprochen hat oder in der Kurve gemeinsam die Siege feierte, all das hat mir immer sehr viel bedeutet.
Am Ende muss ich ehrlich sagen: Die Verbundenheit zu der Stadt, zu den Fans war mir mehr wert als große Titel. Ich hoffe und bin dankbar, wenn ich einen positiven Eindruck bei den Menschen hinterlassen konnte. Sie bleiben mir immer in Erinnerung."
In Erinnerung ist uns speziell auch ein Spiel geblieben. Was fällt dir beim Stichwort Düsseldorf ein`?
- "Beim 2:2 gegen die Fortuna wurde ich von unserem Trainer Alexander Zorniger kurzfristig als Stürmer eingesetzt und habe direkt doppelt getroffen. Der Treffer zum zwischenzeitlichen 2:1 für uns war wohl eines meiner schönsten Tore überhaupt. Wohlgemerkt, erzielt mit dem linken Fuß, den ich eigentlich nur zum Stehen habe. (lacht) Ein bisschen enttäuscht bin ich dennoch, wenn ich an das Spiel zurückdenke, da wir nicht gewonnen haben.
Trotzdem war es ein besonderer Tag in meiner Karriere. Viele haben mir eine solche Leistung gar nicht zugetraut. Ich glaube, das Tor-Gen habe ich noch aus meiner Zeit im Nachwuchsbereich. Schließlich habe ich früher Stürmer gespielt, bevor ich meine Schnelligkeit auf der Außenverteidigerposition einsetzen sollte."
Kommen wir zur Gegenwart: Was sagst du zum bisherigen Saisonverlauf von RB Leipzig? Verfolgst du noch ab und zu noch unsere Spiele?
- "Ich schaue die Spiele bis heute gerne. Um 15.30 Uhr sitze ich am Wochenende immer vor dem Fernseher, wenn es unser Spielplan erlaubt. In der Bundesliga sind die Mannschaften dieses Jahr alle eng beisammen. Das begeistert, nimmt dich als Fan mit.
Mit Marco Rose hat Leipzig nicht nur einen richtig guten Trainer, sondern auch einen großartigen Menschen, der einen besonderen Draht zu den Spielern pflegt. Wir haben uns vor ein paar Jahren mal kennengelernt, einfach ein sympathischer Typ. Zudem spielt mit Xavi ein unglaublich talentierter Spieler am Cottaweg. Was der am Ball kann, ist atemberaubend. Ich folge ihm schon lange auf Instagram. Dass er es geschafft hat, die Leistungen aus dem Nachwuchs- in den Profibereich zu transferieren, hat mich echt beeindruckt.
Was mich ein bisschen traurig machte, war der Abgang von Emil Forsberg. Klar, irgendwann kommt die Zeit für ein neues Kapitel, aber mit ihm habe ich mich damals auch immer gut verstanden. Ich weiß noch genau, als ich ihm zum ersten Mal begegnet bin.
Das war in der Wintervorbereitung im Lauftrainingslager im Erzgebirge. Ich habe sofort gemerkt, dass er ein offener und positiver Typ ist. Emil war einer der besten Spieler, mit denen ich je auf dem Platz stand. Seine Intuition, seine Bewegungen. Einmalig."
Nach drei Jahren bei Austria Wien hat es dich jetzt zur Admira Wacker nach Mödling weitergezogen. Fernab des Fußballs: Was sind deine Ziele für die kommenden Jahre?
- "Ich beginne immer mehr daran zu denken, was nach dem Fußball kommt. Meine Frau und ich arbeiten bereits an einem Plan. Wir betreiben zusammen eine Agentur für Social-Media und Marketing. Da bin ich bereits in viele Prozesse involviert, wir beschäftigen zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
In diesem Berufsfeld lerne ich viel von meiner Frau, insbesondere was Teamführung und Geschäftsabwicklung betrifft. Einige Bereiche kenne ich vom Profifußball, aber es ist nochmal eine ganze andere Herausforderung.
Parallel bin ich bei der UEFA Academy eingeschrieben und mache ein Diplom im Bereich Fußballmanagement für aktive und ehemalige Spieler. Den Beruf als Trainer kann ich mir zurzeit nicht vorstellen, aber ich liebe den Fußball mit all seiner Strahlkraft.
Solange es mir Spaß macht, werde ich auf dem Platz stehen. Wenn die Probleme jedoch größer werden, höre ich gewiss auf. Es war eine unglaublich schöne Reise, aber bald ist wohl die Zeit gekommen, eine neue Geschichte zu schreiben."
Schurli, vielen Dank für das tolle Gespräch und hoffentlich bis bald mal in Leipzig!
RBL-Leistungsdaten
- Spielzeit:
14. Januar 2014 bis 01. Juli 2016
- Spiele:
58
- Tore:
3
- Vorlagen:
4
- Erfolge:
Aufstieg in die 2. Bundesliga 2013/2014
Aufstieg in die 1. Bundesliga 2015/2016
- Aktueller Verein:
Admira Wacker Mödling