"Die Defensive gewinnt Meisterschaften"
Der Saisonstart in der Bundesliga steht an. Vor dem siebten Jahr in der höchsten deutschen Spielklasse für RB Leipzig haben wir exklusiv mit Co-Kapitän Willi Orban auf die Saison 2022/23 geblickt. Der 29-Jährige gibt uns einen Einblick in die Saisonvorbereitung, die Veränderungen im RBL-Kader und verrät uns seine Meinung zum neuen Look unserer Red Bull Arena.
Willi, wie hast du die letzten Wochen mit Blick auf die neue Saison erlebt?
Wir hatten aufgrund der Länderspiele wieder nur eine recht kurze Sommerpause.
Ich habe mich aber auch wieder darauf gefreut zurück an den Cottaweg zu kommen und die Jungs zu sehen. Und dann ging es mit dem Trainingslager in Österreich, den Testspielen und dem Supercup ja auch direkt wieder so richtig los.
Du bist hinsichtlich Ernährung und Disziplin immer sehr fokussiert. Ist das auch im Urlaub so bei dir, oder war die Rückkehr ins Training Anfang Juli erstmal wieder eine Umstellung?
Mein Lifestyle verändert sich auch im Urlaub nicht. Es ist mittlerweile zur Gewohnheit geworden, dass ich sehr auf meine Ernährung und einen guten Schlafrhythmus achte. Auch regelmäßiges Training und insbesondere Krafttraining begleiten mich in einer Sommerpause. Daher fällt mir die Rückkehr in den Trainingsalltag hier in Leipzig nicht schwer.
Trotz alle dem ist auch für dich Urlaub wichtig und etwas Besonderes, oder?
Urlaub ist extrem wichtig – sogar mehr für den Kopf als für den Körper. Gerade nach einer so emotionalen Saison wie der unseren, mit vielen Höhen, Tiefen und dem ersten Pokalerfolg, hat es gutgetan Abstand zu gewinnen und das alles mal reflektieren zu können.
Also gab es auch noch mal den Moment, in dem du in Ruhe den Pokalsieg Revue passieren lassen konntest?
Ja, in der Schnelllebigkeit einer Saison kann man das alles gar nicht so richtig genießen. Wenn du dann noch mal rückblickend verstehst, dass du den ersten großen Titel für RB Leipzig gewonnen hast und welchen Stellenwert diese Trophäe hat – das macht Lust auf mehr.
Mit zwei Testspielen gegen Southampton und den FC Liverpool sowie dem Supercup gegen den FC Bayern im Rücken – wo stehen wir als Mannschaft aktuell?
Wir sind physisch auf einem guten Niveau, das haben wir gerade auch in der zweiten Halbzeit gegen den FC Bayern gezeigt. Wichtig ist, dass wir fast jeden einzelnen im Team auch auf sein individuelles Top-Level gehoben haben. Mit Joško und Yussi haben wir zwei Jungs, die uns aktuell noch fehlen werden. Umso wichtiger, dass der Rest gut in Form ist.
Wie siehst du unseren Kader im Vergleich zur Vorsaison?
Wir haben einen guten Kader, in dem sich aber sicherlich noch etwas tun kann. Wichtig ist dabei, und das war bei David Raum und Xaver Schlager der Fall, dass wir uns bei Zugängen als Team verstärken, denn in der Breite sind wir bereits sehr gut aufgestellt.
Mit Tyler Adams und Nordi Mukiele haben uns zwei langjährige Mitspieler verlassen – wie sieht so ein Abschied in der Mannschaft aus?
Solche Transfers gehen oftmals sehr kurzfristig und schnell über die Bühne. Leider ist es heutzutage normal, dass dann oft kaum Zeit bleibt, sich richtig zu verabschieden. Aber die Jungs sind auch nicht aus der Welt und man wird sich auf verschiedenen Wegen wiedersehen.
Im Gegenzug durften wir mit Xaver Schlager und David Raum zwei Neue im Team begrüßen. Wie ist deine Rolle als Co-Captain, wenn es um die Eingliederung von neuen Mannschaftskollegen geht?
Mit Xaver und David kamen zwei gestandene Spieler zu uns, die beide dazu Nationalspieler sind. Daher kennt man sich teilweise schon aus verschiedenen Duellen. Das macht die Integration recht einfach, auch weil beide als deutschsprachige Jungs sich perfekt verständigen können. Bei Fragen sind wir als Führungsspieler natürlich immer zur Stelle und helfen, wo wir können. Die zwei machen auf jedem Fall einen hervorragenden Eindruck.
Wenn wir von Führungsspielern sprechen … Christo Nkunku ist neuer Teil des Mannschaftsrates. Erklär uns kurz, wie es dazu kam.
Erstmal war es ein klasse Zeichen von Christo, dass er sich trotz zahlreicher Top-Angebote für einen Verbleib in Leipzig entschieden hat – das freut uns sehr.
Für Christo soll das persönlich ein nächster Schritt sein, auch neben dem Platz weitere Verantwortung zu übernehmen. Er hat sich in der vergangenen Saison herausragend entwickelt. Menschlich war er schon Beginn an sehr reif. Sicherlich war auch der Gedanke, einen französisch-sprachigen Spieler mit an Bord zu holen, der diesen Teil der Mannschaft noch mal explizit vertritt.
Uns erwartet eine etwas andere Saison aufgrund der WM in Qatar ab Mitte November. Wie blickst du auf die neue Spielzeit?
Wir hatten wegen der Pandemie in den letzten zwei Jahren selten einen geregelten Saison-Ablauf. Daher sehe ich das gar nicht so negativ. Klar, uns erwarten viele englische Wochen, aber das hatten wir im vergangenen Jahr auch. Es kann vielleicht sogar ein Vorteil sein, dass es die zweimonatige Pause gibt. Außerdem kann eine Fußball-WM für unsere Jungs vor Ort sehr beflügelnd wirken.
Lass uns abschließend noch auf den Saisonstart in der Bundesliga am Sonntag in Stuttgart blicken.
Wir müssen uns zu Beginn für die Basics unseres Defensiv-Spiels sensibilisieren. Das ist in jedem Training wichtig und wird auch in den Pflichtspielen enorm wichtig sein. Grundsätzlich erwartet uns erstmal ein komplett anderes Spiel als zuletzt gegen Liverpool und Bayern, da diese Gegner ein unglaublich hohes individuelles Niveau mitgebracht haben.
Trotzdem wird das kein Selbstläufer in Stuttgart. Der VfB ist eine Mannschaft, die keine leichte Saison hinter sich haben, aber im Kader einiges an Qualität aufweisen können. Ich reise aber mit einem guten Gefühl nach Schwaben, da wir bisher immer sehr gut dort performt haben.
Wir haben den Support auf dem Rasen gespürt
Unsere Fans durftest du gegen Liverpool und Bayern bereits wieder erleben. Wie sehr verstärkt das die Vorfreude auf den Saisonstart?
Gegen die Münchner war bereits richtig Zug in der Kurve und wir haben den Support auf dem Rasen gespürt. Da habe ich auch noch mal gemerkt, wie sehr einen die Fans hinter dem Tor mitreißen können – das macht Bock auf die neue Saison und unser erstes Bundesliga-Heimspiel.
Wie sehr gefällt dir unser Wohnzimmer so ganz in Rot?
Es ist herausragend. Du wirst niemanden finden, der RB Leipzig Fan ist, der sagt, dass das nicht schön ist. Wir mussten ja auch lange darauf warten, umso mehr Freude macht es jetzt.
Abschließend möchte ich noch mal unsere Saison-Ziele aussprechen. Wir wollen einen guten Saison-Start hinlegen, damit wir in einen guten Flow kommen und in den intensiven Phasen nicht den anderen Teams hinterherrennen. Klar ist, wir wollen am Ende wieder in die Champions League.
Ich freue mich sehr auf die Heimspiele und hoffe, dass wir wieder zu einer richtigen Heimmacht werden und weiterhin in der Defensive einen Liga-Spitzenplatz belegen – Defensive gewinnt Meisterschaften, wie es so schön heißt.