Gianna Rackow: Der lange Weg zurück
Rackow wechselte im Sommer von Bayer 04 Leverkusen zu RBL | Zu Beginn der Saison verletzte sie sich im Testspiel schwer | Die U17-Europameisterin stammt aus einer sportbegeisterten Familie
So hatte sich Gianna Rackow ihr Debüt für RB Leipzig nicht vorgestellt. Im ersten Testspiel vor heimischem Publikum versuchte sie, mit dem rechten Fuß den Ball zu spielen, befand sich aber mit links in einer Drehbewegung und blieb zudem etwas im Rasen hängen. „Ich habe es zweimal knacken hören und wusste gleich, dass etwas schlimmes passiert ist“, so die 21-Jährige. Im Krankenhaus bekam sie die befürchtete Diagnose Kreuzbandriss, nachdem sie dieselbe Verletzung vier Jahre zuvor schon im anderen Knie erlitten hatte.
Bereits fünf Tage später erfolgte die Operation. Seitdem absolviert Gianna drei bis vier Stunden täglich Physiotherapie und Krafttraining. „Ich glaube, dass ich relativ geduldig bin. Aber manchmal gibt es schon Tage, an denen ich denke: Kann das nicht schneller gehen“, beschreibt sie den langen Weg bis zur Rückkehr auf den Platz. Rund sechs Monate dürfte es dauern, bis sie wieder an den Ball treten darf, weitere vier bis zum ersten Wettkampfeinsatz. Auf „ein paar Minütchen“ Einsatzzeit hofft sie noch in dieser Saison, will aber auch nichts überstürzen: „Es kommt darauf an, was mein Knie mir sagt.“ Derzeit freut sich Gianna auch über kleine Fortschritte. „Eigentlich ist Laufen gehen nichts, was ich so gerne mache. Aber jetzt ist es ein tolles Gefühl, dass ich wieder joggen darf.“ Durch die erzwungene Pause hat sie generell noch einmal festgestellt, wie viel ihr der Fußball bedeutet: „Es ist krass, wie sehr mir das Fußball spielen fehlt. Mein Ziel ist einfach nur, irgendwann wieder über einen längeren Zeitraum spielen zu können.“
Mein Ziel ist einfach nur, irgendwann wieder über einen längeren Zeitraum spielen zu können
Wieder mehr Einsatzzeiten zu bekommen war auch der Grund, warum Gianna sich im Sommer nach acht Jahren bei Bayer Leverkusen zu einem Wechsel nach Leipzig entschlossen hatte. In einer sportbegeisterten Familie aufgewachsen, hatte sie nicht dem Tennis spielenden Vater oder der sogar in der Handball-Bundesliga zum Einsatz gekommenen Mutter, sondern den beiden Fußball spielenden Brüdern nachgeeifert und stand schon mit drei Jahren auf dem Platz. Fast zehn Jahre kickte sie in Jungs-Mannschaften, ehe sie andere Mädchen beim Stützpunkttraining zu einem Schnuppertraining in Leverkusen überredeten. Nun lag der Fokus endgültig auf dem Fußball, die parallel laufenden Leichtathletik-Ambitionen stellte sie ein.
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Für die Bayer-Frauen absolvierte Gianna in fünf Jahren 59 Bundesliga-Spiele. Ein Ausflug auf die Außenverteidiger-Position war weniger von Erfolg gekrönt. Am wohlsten fühlt sie sich im zentralen Mittelfeld. In 20 Jugend-Länderspielen kam sie dagegen vorwiegend als Außenstürmerin zum Einsatz, markierte auch sechs Tore im DFB-Dress und wurde U17-Europameisterin. Im Verein kam sie bis 2019 noch regelmäßig zum Einsatz, in den letzten beiden Spielzeiten dagegen weniger. „Das Konzept von RBL mit der perspektivischen Etablierung in der Bundesliga hat mich am meisten angetrieben. Aber die Stadt ist auch schön“, beschreibt sie ihre Beweggründe für den Wechsel in die Messestadt.
Das Konzept von RBL mit der perspektivischen Etablierung in der Bundesliga hat mich am meisten angetrieben
Neben der Verletzung ereilte Gianna in den ersten Monaten in der neuen Heimat noch ein weiteres Missgeschick. Ihre Bewerbung an der HTWK für ein Studium im Bereich der sozialen Arbeit wurde zunächst positiv beantwortet. Wenige Tage später folgte jedoch eine Absage, die Zusage sei nur aufgrund eines technischen Fehlers erfolgt. Stattdessen absolviert sie nun ein Fernstudium an der Uni Köln. Nachdem schon ihr Fachabitur den Schwerpunkt Gesundheit und Soziales hatte, steht für Gianna fest, dass sie sich beruflich in diese Richtung orientieren und in jedem Fall „etwas mit Menschen und sozialer Arbeit“ machen möchte. In ihrer Freizeit spielt sie gerne Spikeball und Beachsoccer - wenn das Knie endlich wieder mitmacht.